Die vier 85 Meter hohen Kamine der ehemaligen Aluminiumhütte des Neusser Rheinwerks kennt jeder, der von der A 57 ostwärts schaut. Die 300 Meter langen Hallen, in denen mit enormen Energieeinsatz Primäraluminium erschmolzen wurde, kenne ich von vielen Besuchen. Jetzt war ich wieder da, aber die Elektrolyse-Öfen sind verschwunden – stattdessen Trennwände für riesige Lagerboxen.
Das ist die Transformation zum Anfassen, der ganz konkrete Wechsel von einem linearen zu einem zirkulären Geschäftsmodell. „Speira hat sich aus der energieintensiven Primärherstellung verabschiedet. Diese Entscheidung war vor dem Hintergrund der energiepolitischen Perspektive für Deutschland und in
der Verantwortung für die Zukunftsfähigkeit unseres Gesamtunternehmens unausweichlich. Und unsere Transformation zu einem reinen Recyclingkonzern – einen Weg, den wir bereits vor über 20 Jahren begonnen haben – wurde dadurch noch einmal beschleunigt“, erklärt Volker Backs, Geschäftsführer von
Speira.
Speira macht vor, wie die Transformation mit neunen wirtschaftlichen Impulsen gelingen kann. Die
Aufgabe der SPD ist es, die Unternehmen dabei zu unterstützen. Dabei ist Verlässlichkeit und Planbarkeit entscheidend. Daher werden wir die Planungs- und Genehmigungsverfahren weiter beschleunigen und dafür sorgen, dass es keinen Preissprünge beim Emissionshandel gibt, der die Transformation
abwürgt.
Im Rheinwerk investiert Speira 40 Millionen Euro in weitere Recyclingkapazität, um in Summe dann bis zu 1,5 Millionen Tonnen CO2-Einsparung pro Jahr zu realisieren. Ein neuer Schmelzofen ausschließlich für Schrotte wurde im Sommer angeliefert und wird jetzt installiert. Der Produktionsbeginn ist für Anfang 2026 geplant. Parallel wird die dritte von vier vorhandenen Gussanlage umgebaut und damit für Recyclinglegierungen optimiert. So verringert das Rheinwerk weiter seinen ökologischen Fußabdruck.
Bereits fertig ist das neue Schrottlager, denn die Öfen und mithin die Ambition Speiras, das Rheinwerk zu Europas führendem Recycling-Hub zu entwickeln, wollen „gefüttert“ werden. Die neuen Lagerflächen umfassen ein Drittel der heruntergefahrenen Hütte und werden noch um Anlagen zur Beprobung der
eingehenden Schrotte ergänzt. „Die langen Hallen ermöglichten es uns, groß zu denken und zu planen. Dieses riesige neue Schrottlager schafft Platz für mehr Input für alle unsere Recyclingöfen – nicht nur für den neuen“, freut sich Boris Kurth, Leiter des Getränkedosengeschäfts bei Speira und Leiter des Rheinwerks. „Die Beprobung brauchen wir für die Schrotte, die schon einen Lebenszyklus hinter sich haben. Diese ‚post-consumer scraps‘ sind eine Quelle, die wir noch viel stärker nutzen wollen.“
In dem neuen Recyclingofen werden dann solche Aluminiumlegierungen geschmolzen, die nach dem Walzen zu Getränkedosen verarbeitet werden. In diesem Markt kann Speira die eigene Nachhaltigkeitsambition besonders gut belegen. Denn die Getränkedose ist ein sehr schnelllebiges Produkt, der Lebenszyklus von Produktion über Befüllung, Verkauf im Einzelhandel, Konsum
durch den Endverbraucher, Entsorgung bis zum Recycling dauert nur rund 60 Tage. Das bedeutet, dass ein und dasselbe Dosenaluminium viele Male pro Jahr die Recyclinganlagen von Speira durchläuft und der ökologische Vorteil modernster Technik besonders oft und besonders effizient genutzt werden kann.
Deshalb setzt sich Speira auch für eine ständige Verbesserung der Recyclingquote bei Getränkedosen ein: Unter dem Dach des Verbandes European Aluminium forscht das Unternehmen zusammen mit anderen
Herstellern an recyclingfreundlichen Legierungen und fördert Pfand-, Rücknahme- und Sammelsysteme für das wertvolle Leichtmetall.