Aus Solidarität und Liebe zu Europa

Die Corona-Krise trifft die ganze Welt. Europa ist besonders betroffen. Täglich steigen die Zahl der Infizierten. Besonders dramatisch ist die Situation in Italien und Spanien. Tausende Menschen sind bereits in Folge einer Erkrankung an dem Coronavirus gestorben. Tragische Szene bekommen wir aus dem Süden Europas übermittelt. Die Nerven in Rom und Madrid liegen blank. Uns würde es in einer ähnlich dramatischen Lage nicht anders ergehen. Hoffen wir, dass uns Ähnliches erspart bleibt. Die Anzeichen dafür sehen gut aus.

Neben Bedauern, braucht es eine ganz besondere Solidarität in der Europäischen Union mit den Staaten, die besonders betroffen sind. Denn aus der Gesundheitskrise ist eine Krise von Arbeit und Wirtschaft sowie der Staatshaushalt geworden. Das Virus hat sich global ausgebreitet und weltweit zu einem Einbruch der Volkswirtschaften geführt. Der Auslöser des Schocks ist also symmetrisch und betrifft alle. Die Auswirkungen des Schocks im ersten Blick auch. Im zweiten Blick Deutschland allerdings nicht. Besonders finanziell nicht, da wir gut aufgestellt sind und über eine hohe Bonität sowie Vertrauen an den Finanzmärkten verfügen (s. Blog vom 01.04.2020).

1173 Milliarden-Rettungsschirm für Deutschland

Finanzminister und Vize-Kanzler Olaf Scholz (SPD) hat einen der weltweit größten Rettungsschirme aufgespannt, um die Folgen der Corona-Pandemie zu bewältigen. Die bisher von Bund, Ländern, Gemeinden und Sozialversicherungen veranschlagten Hilfspakete und Ausgleichszahlungen summieren sich auf 1173 Milliarden Euro. Zum Vergleich: Der gesamte Bundeshaushalt 2020 umfasst 363 Milliarden Euro. Nur die USA stellen noch mehr Geld bereit.

Die enorme Summe teilt sich auf in direkte Zahlungen, Kreditgarantien sowie erwartete Mindereinnahmen, die kompensiert werden müssen. Bund, Länder und Gemeinden rechnen wegen des stillstehenden wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Lebens mit erheblichen Steuerausfällen. Schätzungen zufolge könnten sie sich für das laufende Jahr auf 82,5 Milliarden Euro summieren. Hinzu kommen Ausfälle bei den Sozialkassen.

Die Kreditvergabe über die staatliche Förderbank KfW wurde zudem nochmals verbessert. Für Unternehmen mit mehr als 10 Beschäftigten wurde die Vergabe der Kredite deutlich erleichtert. Der KfW-Schnellkredit ermöglicht Unternehmen in geordneten finanziellen Verhältnissen und mit mehr als zehn Beschäftigten, einen KfW-Kredit von bis zu 800.000 Euro aufzunehmen. Die Hausbanken der Unternehmen werden dabei zu 100 Prozent von der Haftung freigestellt. Eine Verlängerung der Laufzeit auf bis zu 10 Jahre ist möglich.

Drei gute Maßnahmen der Euro-Gruppe

Doch Deutschland braucht auch eine wirtschaftlich starke EU. Wir gehören zu den exportstärksten Nationen der Welt. Der EU-Binnenmarkt ist der größte Wirtschaftsraum der Welt. Er soll den freien Verkehr von Waren, Dienstleistungen, Personen und Kapital garantieren, wovon Unternehmen und rund 500 Millionen Verbraucher profitieren. Deutschland profitiert einer Studie zufolge wie kein anderer europäischer Staat vom EU-Binnenmarkt. Die dadurch erzielten Einkommensgewinne summieren sich auf 86 Milliarden Euro im Jahr.

Aus diesen Gründen ist es so wichtig, dass unser nationalen Schutzschirm auf Europa ausgeweitet wird. Dank Olaf Scholz hat sich die Euro-Gruppe auf ein Maßnahmenpaket geeinigt, welches aus drei Teilen besteht.

Teil eins der Maßnahmen: der Euro-Rettungsschirm ESM wird Euro-Staaten Kreditlinien zur Verfügung stellen – im Wert von bis zu zwei Prozent ihrer Wirtschaftsleistung. Beispielsweise sind das für Italien 39 Milliarden Euro, für Spanien 28 Milliarden Euro. Würden das alle 19 Euro-Staaten nutzen, kämen 240 Milliarden Euro zusammen. ESM-Darlehen werden zur Bekämpfung der Corona-Pandemie an keine Bedingungen geknüpft.  .

Teil zwei der Maßnahmen: Bürgschaften der Europäischen Investitionsbank. Die EU-Förderbank werden bis zu 200 Milliarden Euro an zusätzlichen Darlehen für Mittelständler ermöglichen.

Teil drei der Maßnahmen: Die EU-Kommission wird 100 Milliarden Euro für nationale Kurzarbeitergeld-Modelle zur Verfügung stellen.

Corona-Bonds müssen Teil vier der Maßnahmen werden

Die Aussetzung des Stabilitätspakts, die Zulassung von Staatshilfen, das neue Programm der Europäischen Zentralbank, die europäischen Arbeitslosenkasse, der Einsatz der Europäischen Investitionsbank, die Aussicht auf einen üppig gefüllten Fonds für den wirtschaftlichen Wiederaufbau sind wichtige Bausteine, um die sozialen und wirtschaftlichen Folgen der Corona-Epidemie abzumildern. Diesen wichtigen Pakt für Europa hat Olaf Scholz ermöglicht.

Doch reichen die schon weitreichenden Maßnahmen aus, um diese gewaltige Krise zu meistern? Aus meiner Sicht nicht. Wir brauchen ein noch stärkeres Signal an die Finanzmärkte und an die Welt. Denn aus der Wirtschaftskrise darf nicht wieder eine Eurokrise werden. Ich habe die große Sorge, dass dann unser einmaliges Friedensprojekt „Europa“ sehr gefährdet ist. Daher müssen einmalige Corona-Bonds Teil vier der Maßnahmen der Euro-Länder werden.

Die rechtlichen Grundlagen einer Corona-Anleihe hat inzwischen auch der Deutsche Bundestag geprüft. Konzepte, die von einer einmaligen und vom Volumen genau bestimmten Emission gemeinsamer Anleihen ausgehen, könnten „potenziell mit den verfassungsrechtlichen Legitimationserfordernissen einer parlamentarischen Beteiligung vereinbar sein“, schreibt der wissenschaftliche Dienst.

Was sind Corona-Bonds? Die Eurozonen-Mitgliedstaaten geben einmalig eine gemeinsame Anleihe mit einem Gesamtvolumen von 1.000 Milliarden Euro aus. Das entspricht ca. 8% des BIPs der Eurozone. Damit können Staaten, wie u.a. Italien und Spanien ihre jeweiligen Corona-Schutzpakte zu deutlich günstigeren Konditionen finanzieren. Denn hinter der Anleihe stehen alle 19 Euro-Staaten. Besonders Deutschland mit seinem ausgezeichneten Ruf an den Finanzmärkten wird dafür Sorge tragen, dass der Zinssatz der gemeinsamen Anleihe sehr niedrig sein wird. Für die Rückzahlung der Anleihe würden alle Eurozonen-Mitgliedstaaten gemeinsam haften, die Höhe der Zins- und Tilgungszahlungen könnte sich dabei am EZB-Kapitalschlüssel orientieren. Aktuell beträgt der Anteil Deutschlands 21,4%.

Eine gemeinsame europäische Anleihe wären deutliche Signale des Zusammenhalts, der Solidarität und der Liebe zu Europa. Ein Zeichen nach innen und außen.  Solche Krisenanleihen bestärken nicht nur die politische Einheit des Kontinents, sondern schieben jeder Finanzwette auf das Scheitern Europas und des Euros einen starken Riegel vor. Deutschland würde zudem von dieser Anleihe profitieren. Schließlich wird das Geld genutzt, um die Konjunktur wieder anzukurblen. Die Staaten und die Unternehmen werden mehr investieren. Deutschlands innovativer Mittelstand und die Schlüsselindustrie werden beim Wiederaufbau der Wirtschaft nach der Coronakrise gebraucht. Corona Bonds: einmalig, nicht nur aus Liebe und Solidarität zu Europa, sondern weil sie ökonomisch sinnvoll sind.

Im nächsten Blog in 14 Tage befasse ich mich mit den Chancen für einen gemeinsamen Wiederaufbau von Staat und Wirtschaft nach der Corona-Epidemie.

Bleibt gesund und munter!

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Daniel Rinkert
Mitglied des Deutschen Bundestages
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